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Über die berufsbedingte Verlagerung meiner Luftfahrtaktivitäten nach Westen im Jahre 1996 und die Auswirkungen auf meine Beschäftigung mit der MiG-21 habe ich an anderer Stelle schon berichtet, ebenso über die einzige Luftfahrtreise des Jahres ohne fliegende MiG-21. Jedenfalls wurde mir im Herbst 1996 klar, daß ich jetzt dringend etwas unternehmen mußte, um auch in jenem Jahr eine fliegende MiG-21 zu erleben. Da die Airshow-Saison bereits vorbei war und mir die offiziellen Kontakte fehlten, blieb nur noch der "illegale" Ausflug zu einer MiG-21-Basis. Nach Sichtung aller verfügbaren (damals noch sehr spärlichen) Informationen entschied ich mich für Gdynia-Babie Doly als Reiseziel. Zum einen schien dort ein regelmäßiger Flugbetrieb stattzufinden, zum anderen war zumindest Gdynia mit der Bahn problemlos zu erreichen und für den Weitertransport zum Platz würde sich schon ein Weg finden. Und schließlich flog dort die MiG-21bis, die auch mein Flugzeug gewesen war und die ich seitdem nicht mehr gesehen hatte, schließlich flogen in Tschechien und der Slowakei nur MiG-21MF. Heute weiß ich, daß es besser gewesen wäre, nach MiG-21PFM oder R Ausschau zu halten, die damals noch im Einsatz standen. Aber hinterher ist man immer schlauer ... Ein Blick in die Verlustmeldungen in der Air Forces Monthly sollte Klarheit bringen über die Tage, an denen in Gdynia geflogen wurde. Und so machte ich mich dann Ende Oktober mit dem Zug auf die Reise nach Gdynia. Nach einer Nacht mit wenig Schlaf traf ich noch im Dunkeln auf dem Bahnhof der Stadt ein, erlebte einen Sonnenaufgang über dem Meer bei einem Spaziergang zum Hafen, trieb schließlich einen Stadtplan auf und fand mit dessen Hilfe eine Buslinie, die mich zum Flugplatz brachte. Nach einem längeren Fußmarsch war ich dann endlich im Anflug des Flugplatzes angekommen und genoß zunächst das schöne Herbstwetter. Auf einem Findling machte ich es mir an einem Feldrand bequem, sah den Bauern bei der Feldarbeit zu, aß meinen mitgebrachten Proviant und wartete auf die die Dinge, die da (hoffentlich) kommen sollten. Lange Zeit passierte gar nichts, bis endlich gegen Mittag ein Flugzeugtriebwerk zu hören war. Sehen konnte ich die Maschine nicht, aber das Ausbleiben des charakteristischen Knalls beim Zünden des Nachbrenners machte mir klar, daß da keine MiG-21 startet. Eine halbe Stunde später bestätigte sich die Vermutung: eine TS-11 Iskra passierte meinen Standort im Landeanflug. Um keine Aufmerksamkeit auf mich zu ziehen und meine eigentliche "Mission" nicht zu gefährden, verzichtete ich auf Fotos. Danach passierte zunächst gar nichts mehr. Langsam wuchs in mir die Sorge, daß ich den falschen Tag gewählt haben könnte und schlimmstenfalls noch mehrere Tage ausharren müßte, um das Objekt meiner Begierde zu Gesicht und vor die Linse zu bekommen. Es war schon recht spät am Nachmittag und die Sonne stand bereits wieder reichlich tief, als nochmals ein Triebwerk zu hören war und nach schier endlos langem Auf und Ab der Drehzahl endlich das typische Geräusch beim Zünden des Nachbrenners zu hören war. Sehen konnte ich dennoch nichts und so vergingen weitere 20 bange Minuten, bis ganz weit oben am Himmel die charakteristische Silhouette einer MiG-21 erschien. In kurzen Zeitabständen tauchte die Maschine immer wieder auf - jedes Mal ein wenig tiefer fliegend. Und irgendwann kam sie dann zur Ladung, flog ganz nah an mir vorbei und erlaubte zwei, drei (nach meinen damaligen Maßstäben) passable Bilder. Glücklich packte ich meine Utensilien zusammen, nahm den nächsten Bus zum Bahnhof und den nächsten Zug nach Hause und erinnere mich noch immer gerne an diesen Herbsttag des Jahres 1996.
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