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| Wonsan International Friendship Air Festival (KDVR) 2016 |
Manchmal beginnen überwältigende Erlebnisse ganz profan - z.B. mit der
Buchung einer Pauschalreise in Sachen Luftfahrt, wie es der Autor
irgendwann im Frühjahr 2016, als er sich - ohne wirklich an den Erfolg der Sache
zu glauben - für eine Reise zu Nordkoreas erster Airshow anmeldete, die - so die
unglaubliche Ankündigung - mit militärischer Beteiligung stattfinden sollte. Und
als im Laufe der nächsten Wochen und Monate dann immer wieder neue Informationen
zu Veranstaltung und Reise einlaufen, bleiben Zuversicht und Vorfreude
gedämpft, schließlich konnte vieles dazwischenkommen, angefangen von der großen
Politik bis hin zu den technischen Problemen des Alltags, die im Norden Koreas
sicher noch ein wenig kritischer sein dürften, als im Rest der Welt. Schließlich
rückt der Tag Abreise (zunächst nach Peking) heran und die Spannung - verknüpft
mit der vagen Hoffnung, vielleicht doch ganz unglaubliche Dinge zu sehen -
steigt ...
Bis Peking ist es eine ganz normale Reise, leider ziemlich lang und auf Grund
der Zeitverschiebung auch ziemlich anstrengend. Ein pre-tour-Meeting (eine
reichlich seltsame Einrichtung für jemanden, der seine Reisen in Sachen
Luftfahrt seit 20 Jahren selbst organisiert) soll weitere Erkenntnisse bringen
und schließlich fällt der entscheidende Satz: ja, auch die MiG-21 soll auf der
Veranstaltung, die mit dem bombastischen Namen "Wonsan International Friendship
Air Festival" beworben wird, zu sehen sein. Jetzt ist die Spannung da. Noch eine
Übernachtung in Peking und am nächsten Morgen zum Flughafen, wo schon die Tu-204
der Air Koryo wartet, um uns nach Pjöngjang zu bringen. An Bord ist es für
denjenigen, der in zivilen Flugzeugen, egal wie selten und exotisch, immer nur
ein Verkehrsmittel sieht, nicht besonders aufregend. Allein die attraktiven
Stewardessen, die sich vom Erscheinungsbild doch deutlich vom Durchschnitt ihrer
deutschen Kolleginnen abheben, sorgen für ein erstes Aha-Erlebnis. Ansonsten
bleibt der Flug erfreulich ereignislos und auch die Ankunft in Pjöngjang ist
unspektakulär: ein kleiner, moderner und sehr ordentlich wirkender, allerdings
nicht sehr belebter Flughafen erwartet die Besucher. Interessanter sieht es da
schon auf dem Vorfeld aus ...
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... - während die Tu-204, die uns bis hierher gebracht hat, entladen wird, werden nebenan zunächst eine Il-62 ...
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... und eine Tu-154 bereitgestellt, die die insgesamt rund 170 Besucher nach Wonsan bringen werden. Im Hintergrund sind weitere Maschinen aus der Flotte von Air
Koryo zu sehen, darunter eine Il-76. Wenig später gehen wir an Bord und nach weniger als einer halben Stunde Flug - schließlich sind gerade einmal 170 Kilometer
zurückzulegen - landen wir ...
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... auf dem neuen und nahezu unbenutzten Flughafen Kalma am Rande von Wonsan.
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Auf dem Flugfeld stehen neben den beiden Maschinen, die uns hierher gebracht haben, bald weitere und so
schwärmen die Teilnehmer in der goldenen Abendsonne aus, um zunächst die - auf Grund ihrer Exotik doch recht interessanten - koreanischen Zivilflugzeuge zu fotografieren.
Nur von Kampfflugzeugen ist hier nichts zu sehen - einige Reiseteilnehmer hatten aber bei der Landung Militärflugzeuge unter einem Wetterschutzdach am anderen Ende des Platzes
erspäht - darunter MiG-21. Die Spannung steigt.
Vor die Flugzeuge haben die Götter (oder besser die Mächtigen) in Nordkorea
aber noch einige Hürden gesetzt. Die erste ist die Einreise. Sehr freundlich
werden wir so gründlich kontrolliert, wie es der
Autor noch an keinem Flughafen zuvor erlebt hat. Für besonderen Streß sorgt
die Tatsache, daß die Taschen auf jegliche Publikationen kontrolliert werden und
der Autor natürlich zwei Exemplare seines
Buch als mögliche Präsente dabei hat. Wie werden die Kontrolleure diese Tatsache
aufnehmen? Und gilt der Autor in ihren Augen
dann etwa als einer der Journalisten, denen die Einreise verwehrt wird. Aber
alle Aufregung ist umsonst. Die Bücher werden zur Kenntnis genommen, gezählt,
protokolliert und zurückgegeben. Dann endlich sind wir im Lande angekommen,
unsere koreanischen Begleiter nehmen uns in Empfang und mit dem Bus geht es
durch Wonsan zu unserer Unterkunft. Die nächtliche Hafenstadt präsentiert sich
vergleichsweise dunkel. Nur die Bilder und Statuen der beiden Führer Kim Il Sung
und Kim Jong Il sind hell erleuchtet, so daß erste wirkliche Eindrücke bis zum
nächsten Tag warten müssen.
Wir beziehen unsere Zimmer im Songdowon International Children's Camp, einem internationalen Kinderferienlager, das - ebenfalls neu, modern, hell
und freundlich gestaltet - offensichtlich auch noch nicht sehr viele Besucher gesehen hat.
Auf der Vorderseite des Unterkunftsgebäudes zeigt ein Denkmal die beiden
verstorbenen Führer im Kreise von Kindern (und der Besucher hat sich vor diesem
Monument zu verneigen), auf der Rückseite "tobt der Bär", werden bei lauter
koreanischer Musik geistige Getränke ausgeschenkt. Das ist auch noch so, als der
Autor mit seiner Reisegruppe nach einem koreanischen Abendessen in sein Quartier
zurückkehrt, was ihn eine ganze Menge Nachtschlaf kosten wird.
Ziemlich übermüdet geht es also am nächsten Morgen zu einem recht
spartanischen Frühstück und anschließend ...
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... zum - nein, noch immer nicht zum Flugplatz - Denkmal der Kims im Stadtzentrum, wo wir erneut unseren Respekt zu erweisen haben ...
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... und Blumen niedergelegt werden. Erst dann rollen die Busse zum Flughafen, ...
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... wo Plakate und Banner die Besucher willkommen heißen.
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Auf dem Vorfeld macht sich dann Ernüchterung breit, stehen dort doch die gleichen zivilen Flugzeuge wie am Vorabend - von den militärischen Mustern hier keine Spur, ...
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... denn diese stehen unter diesem Wetterschutz am anderen Ende der Bahn.
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Während wir also die zivilen Flugzeuge auf und ab fotografieren, treffen große Scharen einheimischer Besucher ein - zu Fuß und offensichtlich in Gruppen organisiert.
150.000 Koreaner - so sagt man uns - werden der Show beiwohnen.
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Nach den obligatorischen Eröffnungsreden beginnt das Programm mit der Flugvorführung eines Hughes 500, ein Muster, das die Koreaner in den 80er Jahren unter Umgehung der
internationalen Sanktionen auf dem zivilen Markt gekauft hatten.
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Darauf folgen im Wechsel zivile - hier eine Il-18 - und militärische Flugzeuge.
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Die Vorführung der MiG-29 ist reichlich unspektakulär und läßt auf eher geringe Flugstundenzahlen schließen. Auffällig ist die graue Zweitonbemalung, die
erst kürzlich eingeführt wurde und die alle drei in Wonsan gezeigten Kampfflugzeugtypen trugen.
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Auf den Vorbeiflug der Tu-134 folgt ...
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... das Solodisplay der Su-25, das deutlich ansprechender ist als das der MiG-29.
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Den Abschluß der Vorführungen vor der Mittagspause bildet eine Viererformation Hughes 500.
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Mit dem Beginn des Nachmittagsprogramms steigt die Spannung - wann kommen endlich die MiG-21? Zunächst fliegen aber die Il-62 ...
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.. und ein militärischer Mi-17 im zivilen Gewand.
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Als die Il-76 abhebt, ist schon eine der beiden Stunden des zweiten Programmteils um. Dann sind vom anderen Ende des Flughafens endlich militärische Triebwerke zu hören. Das
können eigentlich nur die MiG-21 sein, ...
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... sind aber Su-25, von denen jetzt gleich drei starten. Als deren Vorführung in vollem Gange ist, ...
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... taucht am Bahnende dann endlich eine MiG-21 auf - und dann gleich noch eine.
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Beide MiG-21bis rollen vor den Fotografen zum Start, ...
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... gesteuert von weiblichen Piloten.
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Ein letzter Überflug der Su-25-Formation ...
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... und die MiG-21 starten im Paar, ...
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... machen einige tiefe Überflüge und kommen dann wieder zur Landung, ...
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... wobei die erste Maschine nur knapp einem Absturz entgeht. Nachdem der Anflug zu hoch und zu flach erfolgt, erhöht die Flugzeugführerin den Anstellwinkel massiv, so daß
das Flugzeug über das Heck abrutscht und heftig auf der Bahn aufschlägt.
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Die zweite Landung verläuft ohne Probleme und die ausrollende Maschine und ihre Pilotin werden vom Publikum bejubelt.
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Am Abend des ersten Tages laden die Gastgeber zu einem Kulturprogramm - eigentlich ein Programmpunkt zu viel an einem langen, anstrengenden Tag. Aber die Darbietungen sind so faszinierend
und mitreißend, daß die gute Stunde der Vorstellung wie im Fluge vergeht.
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Am zweiten Tag finden keine Flugvorführungen statt. Vielmehr werden Mitflüge in verschiedenen Mustern und sowie Fallschirmsprünge angeboten. Der Tag verspricht langweilig
zu werden, aber dann kommt alles ganz anders.
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Das Tagesprogramm wird durch koreanische Fallschirmspringer mit Feuerwerkskörpern auf dem Bauch (!), die in der Luft gezündet werden und mit großen Flaggen von Staat und
Partei eröffnet. Die Darbietungen werden von den Zuschauern frenetisch gefeiert.
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Schon am Vorabend wurde je ein Exemplar der militärischen Muster aus dem Flugprogramm des ersten Tages in die Nähe des Terminals gebracht. Jetzt endlich ist Gelegenheit, die
Maschinen aus der Nähe zu inspizieren. Daß niemand den Maschinen zu nahe kommt, dafür sorgen eigens abgestellte Wachposten.
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Wie die MiG-21 präsentieren sich auch Su-25 ...
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... und MiG-29 äußerlich in einem hervorragenden Zustand.
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Ist bis dahin alles sehr geregelt abgelaufen, so spielen sich tumultartige Szenen ab, als die beiden MiG-21-Pilotinnen an der aufgestellten Maschine auftauchen. Presse und Fotografen
stürzen sich mit solcher Vehemenz auf die beiden jungen Damen, daß diesen offensichtlich zunächst gar nicht wohl in ihrer Haut ist. Später geben sie dann angeregt
Interviews, bis sie von Offiziellen recht rüde vom Platz gedrängt werden.
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Da offizielle Bilder mit den Pilotinnen nicht möglich sind, der Autor aber gern ein Bild mit den Damen, die auch schon mit Staatschef Kim Jong-un fotografiert wurden, haben wollte,
mußte er sich also ins Bild schleichen. Leider stellte sich der mit den Aufnahmen betraute Mitreisende nicht besonders geschickt an, so daß die schönsten Motive
undokumentiert blieben.
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Der Versuch, den beiden Pilotinnen ein Exemplar seines Buchs zu überreichen, wurde von den Reisebegleitern mit der Begründung
unterbunden, daß zunächst der Inhalt geprüft werden müsse. Wohin das darauf übergebene Buchexemplar verschwand, wird sich vermutlich nie klären lassen ...
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Bis in die Abenddämmerung dauern die Mitflüge an, u.a. in der chinesischen Variante der An-2, der Y-5.
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Auch am zweiten Abend gibt es nach der Luftfahrt noch Kultur und die ist ähnlich beeindruckend wie am ersten Abend: Massentanzveranstaltung im Zentrum von Wonsan.
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Und dann ist alles auch schon wieder vorbei. Nach einem großen Abendessen und viel zu wenig Schlaf geht es am nächsten Morgen mit der Il-62 nach Pjöngjang und von da aus -
nach weniger als 72 Stunden im Land - über Peking zurück nach Berlin. Ein belastbares Bild eines Landes vermag man in so kurzer Zeit natürlich nicht zu gewinnen und all die
Eindrücke lassen sich erst nach und nach verarbeiten, aber das Erlebte macht Lust auf eine Wiederholung ...
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