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Nach dem Besuch auf der durch zahlreiche Aufenthalte vertrauten Baza 71 Aeriană Cāmpia Turzii im September 2022 steht im Oktober dann auch eine Reise nach Feteşti an, wo der Autor seit 2007 nicht mehr gewesen war. Vorherige Versuche, dorthin zu gelangen, schlugen fehl oder führten nach Mihail Kogălniceanu, weil die MiG-21 aus Feteşti lange Zeit dort stationiert waren. Diesmal sollte es besser laufen - ein wenig besser jedenfalls. Zumindest gibt es eine Bestätigung seitens der Presseabteilung der Basis, daß der Besuch des Autors erwartet wird. Sichere Aussagen, ob zum geplanten Besuchstermin auch Flugbetrieb stattfinden würde, sind aber nicht zu erhalten. Die Wettervorhersage gestaltet sich durchwachsen, aber die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt ... Da der Flug von Nürnberg nach Bukarest erst am späten Nachmittag landet und der Besuch im rund 150 Kilometer entfernten Feteşti am nächsten Morgen um 10 Uhr beginnen soll, erfolgt - um eine nächtliche Fahrt über unbekannte Straßen, aber auch den morgendlichen Berufsverkehr zu vermeiden - die Übernachtung in einem eher wenig einladenden Hotel am Rand von Bukarest nahe der Autobahn nach Constanța. Das Restaurant ist 20 Uhr schon geschlossen und mit Mühe ist noch ein Bier zu bekommen. Spätabends kommt die Nachricht: "Flugbetrieb erst am Nachmittag, Treffen am Tor um 12 Uhr". Es hätte also auch ein netter Abend im Zentrum von Bukarest werden können. Aber egal, wichtig ist nur der Erfolg des Besuchs am nächsten Tag. Die Anreise ist unspektakulär, der Autor viel zu früh am Tor der Basis, das sich nach zahlreichen Umbauten an anderer Stelle befindet als noch vor 15 Jahren. So ist Gelegenheit für eine kleine Tour um die Basis - nicht zuletzt, um Ausschau zu halten für eine Fotoposition für den Fall der Fälle. Und siehe da - die beiden QRA-Maschinen sind in der Luft und kommen kurze Zeit später zur Landung - leider zu weit entfernt und bei zu schlechten Lichtverhältnissen, um gute Fotos zu machen. Dann beginnt das lange Warten auf die Presseoffizierin, die nach einer gefühlten Stunde endlich am Tor eintrifft. Der erste Eindruck bestätigt sich später: alles ist wichtiger als die Betreuung des Besuchers - eine Erfahrung die der Autor schon in Cāmpia Turzii gemacht hat. Gut, daß es immer einen Unteroffizier gibt, der offensichtlich Freude daran hat, sich um den Gast zu kümmern. In Cāmpia Turzii ist es Adela, hier in Feteşti Costel Preda, der den Autor unermüdlich begleitet und unterstützt. Die Begrüßung durch die Flugzeugführer im Staffelbereich ist dann eine sehr freundliche und es gibt auch ein Wiedersehen mit einem "alten Bekannten", Căpitan Adrian Trifa, der 2018 in Mihail Kogălniceanu dem Autor den Tag gerettet hatte. Mit dem Staffelkommandeur Comandor Marincaș geht es zur Vorstartlinie, in die Wartungshalle, zum Fallschirmrettungsdienst und schließlich zum Nachbrennerprobelauf der 5801. Die letzte bei AEROSTAR Bacău instandgesetzte MiG-21 LanceR war erst Tage zuvor von Comandor Marincaș überführt worden - unter den Augen der zahlreich erschienenen AEROSTAR-Mitarbeiter, für die eine Ära zu Ende geht. Dann startet endlich der Flugbetrieb. Nur drei Maschinen - zwei Ein- und ein Doppelsitzer - fliegen und die Wetterbedingungen sind bescheiden, aber die Freude des Autors ist dennoch groß, nicht zuletzt, weil es sich die Piloten nicht nehmen lassen, ihre Maschinen extra in eine optimale Fotoposition zu bringen. Allerdings zieht - und auch hier kommen Erinnerungen an Mihail Kogălniceanu 2018 auf - von Nordwesten eine gewaltige und vor allem fast schwarze Gewitterfront heran. Der zugehörige Wind sorgt für einen schnellen Wechsel von Sonne und Wolken, der die Einstellungen für gute Fotos zu einem Glückspiel werden läßt. Kaum sind die Maschinen des zweiten Durchgangs gelandet, setzt der Wolkenbruch ein. So schnell das Unwetter gekommen ist, so schnell verschwindet es wieder und dann liefern tiefstehende Sonne und nasser Beton eine traumhafte Fotokulisse, vor allem für die beiden QRA-Maschinen. Ärgerlich nur, daß dem Autor nicht auffällt, daß die Flugzeuge nicht wie in Cāmpia Turzii mit Magic-II-Raketen, sondern mit Python 3 ausgestattet sind, von denen der Autor noch nie Fotos im angehängten Zustand gemacht hat ... Die Abendsonne bestrahlt dann auch die Maschinen beim Start zum Nachtflug, von dem sie dann in völliger Dunkelheit zurückkehren. Mit der Landung endet der erste Besuchstag und danach ist für den Autor eigentlich noch eine knappe Stunde Fahrt zum nächsten via Internet buchbaren Hotel angesagt. Aber auch hier kann Costel Preda helfen und eine günstige Übernachtung im örtlichen Hotel arrangieren, in dem - so stellt sich später heraus - der Autor bei seiner Rumänien-Reise 2002 bereits genächtigt hat. Seitdem hat sich dort einiges getan, so daß "Duschen" unter einem Rinnsal kalten Wassers und Schlafen mit Mütze der Vergangenheit angehören. In einem nahegelegenen Restaurant gibt es ein schmackhaftes rumänisches Abendessen. Palinca und Stalinskaya-Wodka sorgen für einen tiefen Nachtschlaf. Der zweite Tag bringt besseres Wetter und viel Zeit an der Vorstartlinie. Zudem hat der Autor Gelegenheit, mit dem technischen Personal zu sprechen und dessen Gastfreundschaft bei der Einladung zu frisch Gegrilltem zu erleben. Schließlich darf er auch einen Blick in die Borddokumente werfen. Einige Maschinen haben bereits über 3000 Flugstunden erreicht (mehr als die ursprünglich geplante Lebensdauer), aber alle haben noch genügend Restbetriebszeit für zwei, drei weitere Dienstjahre, was deutlich zeigt, daß die für 2023 geplante Außerdienststellung ausschließlich politische Gründe hat. Auch wenn das Betriebsende beschlossene Sache zu sein scheint, haben sich Piloten und Techniker noch ein klein wenig Hoffnung auf einen Weiterbetrieb, sei es als Fortgeschrittenentrainer oder als "Red Air" für die F-16, bewahrt. Alle werden nicht müde zu betonen, daß sie gern an diesem Flugzeug arbeiten und damit fliegen. Und - so wurde dem Autor im Gespräch angedeutet - nicht wenige planen, die Armee mit dem Betriebsende der MiG-21 zu verlassen. Wieder geht der Flugbetrieb bis in die Nacht. Diesmal sind auch die F-16 aktiv und angesichts der optimalen Lichtverhältnisse bleibt dem Autor gar nichts anderes übrig, als vom wenig geliebten MiG-21-Nachfolger auch einige Bilder zu machen. Die guten Bedingungen am zweiten machen Hoffnung für den dritten Besuchstag. Leider kündigt der hilfsbereite und geduldige Costel Preda an, daß er am nächsten Tag nicht vor Ort sein kann. Also bleibt nur die wenig kooperative Presseoffizierin als Ansprechpartner, die aber am Vormittag des folgenden Tags gar nicht erreichbar ist. Als sie dann endlich ans Telefon geht, lautet die niederschmetternde Nachricht: kein Zugang an diesem Tag, da wegen eines geplanten scharfen QRA-Starts Fotoverbot herrsche. Eine Erklärung dafür wird nicht geliefert. Es dürfte aber auch schwer zu erklären sein, warum die Aktivitäten eines Waffensystems, das in absehbarer Zeit und ohne daß der Nachfolger einsatzbereit ist, außer Dienst gestellt werden soll, der Geheimhaltung unterliegen. Da der Autor aber Comandor Marincaș ein Exemplar seines Buches versprochen hat, bittet er um Zugang ohne Fotografieren und schließlich darum, den Start einfach nur beobachten zu dürfen, was letztendlich gewährt wird. Ein finster dreinblickender und keiner Fremdsprache mächtiger Unformierter wird ihm für die Dauer des Aufenthalts zur Seite gestellt. Planmäßig um 14 Uhr tönt die Alarmglocke, Techniker und Piloten rennen zu den Maschinen und der Autor hinterher. Als die beiden QRA-Flugzeuge losrollen und abheben, genießt er den Anblick, das Donnern der Triebwerke und den Geruch von Kerosin. Als die QRA-Maschinen längst weggeflogen sind und der Aufpasser "verschwunden" ist, entschließt sich der Autor, die Wartezeit bis zur Rückkehr mit ein paar Fotos der Aktivitäten an der Vorstartlinie zu verkürzen. Dort stehen die gleichen Maschinen, die bereits an den Vortagen dort standen und auf zahlreichen Bildern festgehalten wurden. Doch das erweist sich als schwerwiegender Fehler. Just in diesem Moment des entspannten Fotografierens taucht der Bewacher schreiend auf und schleppt den verdutzten Autor zunächst zu seinen Vorgesetzten und dann zum Kommandeur der Basis. Ein wirkliches Fehlverhalten kann nicht festgestellt werden, aber eine Rückkehr in den Staffelbereich würde wohl das Selbstwertgefühl der Geheimnisschützer verletzen. So wird der Autor nach einem kurzen Abschied von den Gastgebern durch die Militärpolizei zum Tor geleitet und somit zum ersten Mal in mehr als 30 Jahren der Beschäftigung mit der MiG-21 von einem Flugplatz geworfen! Was dieses Geschehen besonders kurios macht, ist die so ganz unterschiedliche Handhabung der "Geheimhaltung": während in Feteşti den Zugang zum Tower verboten ist, ist er in Cāmpia Turzii gar kein Problem. Dürfen die QRA-Maschinen in Cāmpia Turzii gar nicht fotografiert werden, hat niemand in Feteşti ein Problem damit, so lange die Maschinen abgestellt und abgedeckt sind. Und beim QRA-Start darf die Kamera nicht dabei sein, obwohl der Autor ähnlich bewaffnete Maschinen beim Baltic Air Policing 2007 in Šiauliai ausgiebig abgelichtet hat. Vollkommen zur Farce wird die Sache, als im April 2023 auf der Facebook-Site der Plane Spotters Bacău Nahaufnahmen des QRA aus Cāmpia Turzii erscheinen. Nach dem Rauswurf liegt ein Fluch auf der Reise: auch aus der Umgebung des Flugplatzes von der Militärpolizei vertrieben, erreicht der Autor erst zwei Stunden später das zugestaute Bukarest, wo er eine weitere Stunde in der Rush-hour um sein Hotel kreist, weil Google Maps die Bukarester Einbahnstraßen nicht kennt. Die vier angebotenen Zimmer liegen alle direkt am Fahrstuhl, zeigen zur Straßenseite und verfügen über eine - nicht schallgedämmte - Verbindungstür zum Nachbarzimmer, unter normalen Umständen drei K.O.-Kriterien bei der Zimmerauswahl. Der absolute Tiefpunkt ist erreicht, als beim Eintreffen am Flughafen am nächsten Morgen für den Heimflug sieben (!) Stunden Verspätung angekündigt werden und die Maschine dann acht (!) Stunden später als geplant abhebt. So wird aus einer entspannten Rückkehr am Nachmittag ein übernächtigtes Eintreffen um 1 Uhr morgens - und doch ist der Autor froh darüber, noch einmal die MiG-21 der Baza 86 Aeriană aus der Nähe erlebt zu haben.
Der Autor dankt General de Flotilă Aeriană d.R. Dr. Lian Someşan, Comandor Laurenţiu Mititelu, Comandor Silviu Marincaș, Maistru Militar Principal Costel Preda sowie allen Angehörigen der Forţele Aeriene Române, die diese Reise möglich machten.
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